Home

KDK KV Cuxhaven 24.11.22

Die diesjährige KDK des KV Cuxhaven konnte glücklicherweise ohne Auflagen bezüglich Corona durchgeführt werden, dennoch sind knapp 45 Teilnehmer*innen eine Zahl, die Luft nach oben lässt.

Ohne große Überraschungen lief der administrative Teil der Veranstaltung ab. Die einzelnen Referate gaben kurz Rechenschaft ab oder machten Werbung, damit man sich für die Zukunft personell verstärken kann.

Alle Neu- bzw. Wiederwahlen gingen fast einstimmig über die Bühne, hervorzuheben ist an dieser Stelle die Wiederwahl von Frauke Döscher und Sönke Hansen, die für weitere zwei Jahre das Team der Vorsitzenden bilden, gemeinsam mit Marcel Akrami, der noch für ein weiteres Jahr gewählt ist.

Ein Hauch von Diskussion kam auf, als angeregt wurde, mit den nicht unwesentlichen vorhandenen Geldreserven doch sinnvoll etwas anzufangen, da die GEW schließlich keine Sparkasse sei.

Wortmeldungen wiesen darauf hin, dass man eigene Aktionen planen soll und auf diese Weise dann einen größeren finanziellen Spielraum hat, zum Beispiel auch für Referenten. Es wird angeregt, dass auch Veranstaltungen geplant werden können ohne Oberthematik, die dann mehr dem allgemeinen, informellen Austausch dienen. 

Davon unabhängig gab die Kassenprüfung durch Helmut Ulrich und Friederike Duisterberg vom OV Langen keinerlei Anlass zur Beanstandung. 

Erwartet düstere Aussichten bestätigte der Bericht von Frauke Döscher aus dem Schulbezirkspersonalrat. Demnach konnten im Bezirk Lüneburg zum aktuellen Schuljahr nur 42% der ausgeschriebenen Stellen besetzt werden.

340 Stellen dürfen für den Bezirk Lüneburg insgesamt für die Einstellungen für Februar ausgeschrieben werden, allerdings wird auch hier erwartet, dass nicht alle Stellen besetzt werden können.

Das von Kultusminister Tonne lancierte Lehrkräfte-Gewinnungspaket, für das offenbar die rechtliche Grundlage noch fehlt,  führte zu etwa 200 Einstellungen. Oft stand der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ertrag.

LiVs unterrichten seit dem aktuellen Schuljahr zwei Stunden mehr, müssen dafür aber keine Examensarbeit mehr schreiben. Die alte Regelung kann aber auf Wunsch der LiV weiter angewendet werden.

Kurios, aber nicht weniger fragwürdig ist offenbar die Praxis, dass es für LiV ungefragt eine - zu versteuernde! -  300€-Prämie gibt, sobald sie ihren Dienst aufnehmen.  Diese muss aber zurückgezahlt werden, wenn man das Bundesland binnen fünf Jahren wieder verlässt. 

Parallel dazu beginnen die Vorbereitungen für die nächste Wahl zum Schulbezirks-Personalrat im kommenden Jahr.

Anja Stöwing, Vertreterin im Schulbezirkspersonalrat für das nichtlehrende Personal, berichtete über die Beendigung der Zwangsteilzeit. Ferner stehen im kommenden Jahr Tarifverhandlungen an, und man hofft, dass das nichtlehrende Personal in die GEW eintritt und somit auch sichtbarer wird. 

Bemerkenswert ist ferner ein aktualisierter und verbesserter Antrag des KV Cuxhaven, in dem sinngemäß beschlossen werden soll, dass die Unterrichtsverpflichtung für Klassenlehrkräfte um eine Wochenstunde reduziert wird. 

Nachdem der ursprüngliche Antrag dahingehend erweitert wurde, dass ausdrücklich auch angestellte Lehrkräfte eingeschlossen sind, wurde dieser einstimmig angenommen.

Ein Highlight der KDK war der Besuch des neuen Vorsitzenden der Landes-GEW, Stefan Störmer, der  seit Mai 2022 im Amt ist. Stefan berichtete bemerkenswert eloquent und ohne Manuskript über die Dinge, die seit Mai wichtig waren.

Durch das Ausscheiden von Laura Pooth musste die Neuwahl außerordentlich stattfinden.

Der Startzeitpunkt war ungünstig wegen der im Herbst stattfindenden Landtagswahl,  da so nur wenig Zeit war für Stefan, Gespräche zu vereinbaren und zu führen mit den entscheidenden politischen Akteuren wie bildungspolitischen Sprechern. Die Erkenntnis war, dass es keine 100%-Übereinstimmung einer Partei in Bezug auf die Positionen der GEW gibt.

Stefan monierte, dass die von den Parteien geforderte Milliarde für das Kultusministerium sich im Koalitionsvertrag nicht wiederfindet.

Auch der Personalschlüssel gebe nach wie vor Anlass zur Sorge, so Stefan. Die Aufgaben der Schule sind derart angewachsen, dass mehr Personal zur Verfügung stehen müsste. Auch wenn es multiprofessionelle Teams gibt, bleibt zu wenig Zeit, sich abzustimmen. Dies ist im errechneten Bedarf nicht eingepreist. 

Viele Positionen der GEW sind, auch inhaltlich, übernommen worden, was erfreulich ist. 

Dennoch ist sich Stefan Störmer sicher, was ihn gleichermaßen beunruhigt, dass alle Innovationen kaum in fünf Jahren umgesetzt werden können. Die Arbeit der neuen Bildungsministerin hat gerade erst begonnen, es ist unklar, wie sie startet und wie schnell sie in der Lage ist, die Planungen anzugehen bzw. umzusetzen. 

Ebenfalls soll die Lehramtsausbildung reformiert werden, um mehr Referendare am Ende auch wirklich in den Schuldienst zu bekommen. Der Koalitionsvertrag lässt sich dahingehend deuten, dass ein Paradigmenwechsel stattfinden könnte, wieder hin zu einer Stufenausbildung (also weg von GHR, hin zu G, H, R, etc.)

Die zweite schriftliche Arbeit soll, wie schon jetzt übergangsweise und freiwillig, entfallen, dafür aber mehr unterrichtet werden (was bereits der Fall ist), und es soll eine bessere Verzahnung zwischen Studium und Referendariat erfolgen. 

Lernen im eigenen Takt, Abitur im eigenen Takt - dies sind geplante Innovationen, die laut Stefan aber unter den aktuellen Bedingungen nicht verwirklicht werden können. Nur wenige Schulen arbeiten zum Beispiel wie Laborschulen oder mit Ansätzen wie sie geplant sind.

Wie soll es gelingen, diese Innovationen bis „nach unten“ durchsickern zu lassen? Es bedarf vieler Fortbildungen, doch dafür muss Zeit eingeräumt werden. Sollte es wieder eine Fortbildungspflicht geben? Laut Stefan nicht, weil die Belastung derzeit zu groß ist. Es fehlt aber auch fortbildendes Personal. Beispiel: Struktureller Rassismus ist ein interessantes Thema, das alle angeht, aber gar nicht im Bewusstsein der Lehrkräfte vorhanden ist. Man müsste dafür erst sensibilisiert werden. 

Stefan berichtete ebenfalls  über die A13-Kampagne, wo sehr schnell gehandelt werden musste und auch wurde, weil SPD und Grüne schon vor der Wahl veröffentlichten, dass A13 für alle geplant ist. Es gab aber schnell Proteste, weil einige Gruppen scheinbar vergessen wurden. Die Resonanz war, auch multimedial, sehr groß, und hat die Geschäftsstelle überrollt. Dies zeigt aber, dass Präsenz in den sozialen Netzwerken die GEW sichtbar macht. 

Interessant war der Hinweis für GEWler in Führungspositionen, wenn A13 für alle gelten sollte, dass dann auch eine Anhebung für Kolleg*innen in Führungspositionen die Folge sein müsse, bzw. eine Besserstellung in Form von Stundenentlastungen etc. Davon ist im Koalitionsvertrag nämlich keine Rede.

Was man auch im Blick haben muss: Sehr viele Lehrkräfte scheiden eher aus dem Dienst aus, als die eigentlich sollten. Auch werden die Stunden reduziert, weil das Arbeitspensum sonst nicht zu leisten ist, zum Beispiel als junge Familien. Entlastungen wie die Wiedereinführung der zweiten Entlastungsstunde ab 60 können/müssen die Lösung sein. 

Die Umsetzung der Papierlage (Koalitionsvertrag) wird von der GEW engmaschig begleitet und beobachtet. An fast allen Schulen gibt es Stundenkürzungen wegen Lehrermangels, auch wegen Langzeiterkrankungen. 
Eine derzeitige Strategie ist, dass in beliebten Zentren wie z.B. Hannover und Oldenburg keine Stellen ausgeschrieben werden, weil sich ein Großteil dahin bewirbt und nicht in den ländlichen Raum. 

Ist wegen der dramatischen Versorgungslage mit Lehrkräften eine zunehmende Rekrutierung von Quereinsteiger*innen sinnvoll oder bedenklich? Diese Frage aus dem Plenum beantwortete Stefan dahingehend, dass einerseits Quereinsteiger oft schlecht bezahlt bzw eingruppiert werden, was nicht in Ordnung sei. Andererseits stemmt sich die GEW auch gegen eine Entprofessionalisierung des Lehrerberufs. Dies ist in gewisser Weise ein Dilemma. Die Wertschätzung von Quereinsteigern muss deutlicher werden. Positiv ist immerhin, dass Quereinsteiger trotz einer Stundenermäßigung für Qualifizierungsmaßnahmen die volle Bezahlung erhalten (im Gegensatz zu Referendaren). 

Steht die Idee eines erneuten verpflichtenden Arbeitszeitskontos im Raum? Die Arbeitszeitkommission hat bislang nur ein freiwilliges AZK genannt, das es aber schon seit geraumer Zeit gibt. Allerdings steht an anderer Stelle im Koalitionsvertrag der Passus des Lebensarbeitszeitmodells. Ob das auch in den Schuldienst übertragen werden wird, ist unklar. 

Soll es zukünftig Schulumwandlung durch die Hintertür geben? OBSen soll es laut Koalitionsvertrag ermöglicht werden, sich in eine IGS umzuwandeln. Das kann die Schule aber nicht selber entscheiden, sondern allenfalls der Schulträger, schloss Stefan Störmer die Fragerunde und wurde mit großem Applaus in die Mittagspause verabschiedet.

Abgerundet wurde die KDK durch einen Mitmach-Vortrag von Mentalcoach Hubert Stelling zum Thema „Ausgepowert - und nun?“

Hubert Stelling stellt Fragen, die sich jeder selbst auch fragen sollte: Wie bin ich gesundheitlich, im Miteinander unterwegs? Habe ich Zeit für mich selber? Wie belastend ist die Arbeit? Wie bin ich insgesamt zufrieden?
Nicht erst durch Corona haben vermehrt Menschen schon beim Aufstehen das Gefühl, belastet zu sein. 
Ängste müssen angepackt werden, sonst gerät die Körper- bzw. Gesamtbalance ins Wackeln.
Man steuert es selbst, ob man positive Dinge sehen will oder sieht oder eben nicht.
Das Selbstbild ist das Wichtigste, alles andere gruppiert sich drum herum.
Ich habe Geduld mit mir, akzeptiere mich selbst, sorge für gute Momente, plane Zeit für mich ein, habe meine Ressourcen im Blick, finde meinen eigenen Stil.

Was machen die derzeitigen gefühlten oder tatsächlichen Belastungen mit mir?
Belastungen verschieben sich und können das eigene Gefüge durcheinanderbringen. Die Gefahr ist, dass dies ein zunächst unmerklicher Prozess sein kann, den es zu erkennen gilt.

Weitere Tipps zum Nachdenken waren, dass einen ein Lächeln produktiver macht und durchaus zu mehr Erfolg führen kann. Durch gegenseitige Bestärkung ergibt sich eine Positivspirale.

Wir Menschen können nur eins zur Zeit mit 100% Einsatz bewältigen. Man kann mehrere Sachen parallel machen, aber dann ist man jeweils nicht voll bei der Sache. Das merkt mein Gegenüber und lehnt dieses Verhalten vermutlich ab.

Allheilmittel konnte Huber Stelling in seinem launigen Vortrag nicht anbieten, wohl aber den Fokus darauf lenken, an welchen Stellschrauben man drehen kann, worauf man achten sollte, damit die Belastung nicht überhand nimmt. Die Arbeit wird nicht weniger, aber die eigene Einstellung kann helfen, sich anders zu strukturieren und unter Umständen auch einmal „Nein!“ zu sagen, wenn man Gefahr läuft, in Arbeit zu versinken. Quintessenz: eine positive(re) Grundeinstellung ist grundsätzlich Gold wert, denn negative Gedanken machen uns unproduktiv, lähmen uns und verschütten Ressourcen, die wir eigentlich haben.

Gregor Bruns-Schröder
Stand der Informationen: Dezember 2022